In Memoriam Benjamin Stadler

Lebenslauf / Kapitel 11

Zweite Festnahme:

Am 04. 11. 07. lag ich halb im Schlaf und halb wach im Bett. Mein Sohn war noch nicht zu Hause und ich war deshalb sehr beunruhigt.

Irgendwann läutete das Telefon. Ich hob sofort den Hörer ab. Es war ein Herr von der Polizeiinspektion Laim.

Der Herr am Telefon sagte zu mir, dass mein Sohn auf dem Polizeirevier wäre, dass er betrunken sei und dass er deshalb alleine nicht nach Hause gehen könne. Jemand müsse ihn von dort abholen. Ich versprach, ihn abzuholen.

Das Ganze kam mir etwas seltsam vor. Er hätte sich ja ein Taxi nach Hause nehmen können.

Auch wenn er kein Bargeld bei sich haben sollte, so hatte er doch eine Bankkarte und er wusste, dass ich zu Hause war und die Taxifahrt hätte begleichen können. Somit bezweifelte ich, was der Polizist am Telefon gesagt hatte.

Ich dachte auch, dass er mit Sicherheit mit Freunden unterwegs war und er auch von ihnen hätte heimgebracht werden können.

Jedenfalls begab ich mich auf dem schnellsten Weg dorthin, läutete, nannte meinen Namen am Sprechgerät, und sagte, dass ich mit ihnen telefoniert hätte und gekommen sei, um meinen Sohn abzuholen, worauf die Tür geöffnet wurde.

Ich trat in das Treppenhaus ein und hörte eine dumpfe, leise Stimme.

Sie glich der Stimme meines Sohnes, sie hörte sich aber mehr nach der Stimme eines halbtoten, kranken und nicht nach der eines angetrunkenen jungen Mannes an. Ich ahnte schon, dass etwas Schreckliches passiert sein musste.

Ich ging die Treppe hoch, die nächste Tür öffnete sich. Nun hörte ich

deutlich seine Stimme. Nun war es mir klar. In der Polizeiwache muss ihm Schlimmes widerfahren sein.

Wäre meinem Sohn draußen etwas passiert, hätte mit Sicherheit die Polizei mir am Telefon etwas gesagt und sie hätten ihn auch nicht auf die Wache, sondern in ein Krankenhaus gebracht. Es muss hier auf dem Revier etwas mit meinem Sohn passiert sein!

Ich trat in den Raum ein, da waren zwei Zimmer und eine Tür, ähnlich wie beim Eingang. (wo die Stimme meines Sohnes herkam.)

Dort waren 5 Personen (Polizisten) zu sehen. Offensichtlich haben sie eine extra Position eingenommen, hier lief kein normaler Polizeibetrieb ab.

So waren die Polizistenstellungen in Polizeiwache in 25-30 Minuten:

Skizze Polizeiwache

Ich dachte, hoffentlich verliere ich meinen Sohn nicht.

Ein Polizist stand vor der Tür hinter einem großen langen Tisch und schaute mich an.

Ich schaute ihn an und sagte gleich: Grüß Gott!

Ich wiederholte, dass ich Mohammadi Ali heiße.

Sie haben mich angerufen, dass ich meinen Sohn abholen solle. Hier ist mein Personalausweis!

Ich legte ihn auf den Tisch vor den Polizisten.

Ich hörte ständig die Stimme meines Sohns.

Er rief: Ich habe Durst!

Ich hatte schreckliche Angst um sein Leben.

Ich dachte, mein Junge ist gesund, stark und eigentlich zu stolz für solche Worte.

Normalerweise machte er so etwas nicht, deshalb war ich überzeugt, dass etwas Schlimmes passiert sei.

Ich fragte mich: Warum helfen die Polizisten ihm nicht?
Warum geben sie ihm kein Wasser?
Warum beruhigen sie ihn nicht?
Was für Menschen sind das?
Warum rufen sie nicht einen Notarzt?
Warum bringen sie ihn nicht in ein Krankenhaus?

Obwohl ich um sein Leben schreckliche Angst hatte, versuchte ich Ruhe zu bewahren. Aber nach einigen Rufen meines Sohns konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Deshalb stellte ich folgende Fragen:

Es ist mein Sohn!
Was ist mit ihm passiert?

Ein Polizist sagte: Nichts ist passiert!

Warum geben Sie ihm kein Wasser?

Keine Antwort!

Was haben Sie mit ihm gemacht? Keine Antwort!

Wieso ruft mein Sohn so?

Der Polizist sagte ganz ruhig: Er ist betrunken!

Der Herr blieb ruhig und schaute meine Papiere an und fragte dabei auch, wo ich wohne.

Hinter dem Herrn war noch ein Polizist (er war jünger, kleiner als der andere und sportlich) der ging zwischen zwei Tischen hin und her und versuchte souverän zu bleiben, aber er war sehr nervös, er schaute die Zettel auf den Tischen an.

Aber er las sie nicht. Er konnte auch nicht so schnell die Zettel lesen. Warum sollte er lesen, ohne das Ergebnis zu notieren?

Er schaute öfter die zwei Polizisten in Zivil an, (die sich stumm, aber mit vielsagenden Blicken untereinander zu verständigen schienen.) und manchmal schaute er mich an, aber heimlich.

In dem nächsten Büro war ein Herr, er schaute auf die Papiere, die auf dem Tisch lagen, er las sie eigentlich nicht, denn er wollte auch zuhören, was bei uns los ist.

Seine Zimmertür war offen. Mein Sohn schrie mit halbtoter Stimme während der Polizist mit mir redete:

Ich habe Durst! So konnte er auch nicht im Büro mit offener Tür arbeiten.

Beide wollten sich auch beschäftigt zeigen, aber in Wirklichkeit hörten sie zu, was passierte und sahen zu, was mit meinem Sohn geschehen war.

Dort waren noch zwei Polizisten in Zivil, die standen ruhig zwischen einer Tür ( ähnlich wie der Gang zu den hinteren Räumen) und schauten mich und ihre Kollegen an.

Beide drehten sich manchmal auch um in die Richtung, von der die

Stimme meines Sohnes herkam.

Ich wusste die Polizei hat viel zu tun. Sie können nicht einfach wegen einen betrunkenen Jungen fünf Personen beschäftigen.

Später habe ich erkannt, dass hier etwas Besonderes mit meinem Sohn vor sich ging.

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